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Hermann Gieselbusch

Dr. phil. Hermann Gieselbusch (* 20. Januar 1899 in Berlin; † 26. September 1979 in Stuttgart) war ein promovierter Gymnasiallehrer und leitender Mitarbeiter in Schulbuchverlagen in Leipzig und Stuttgart. Im Bund vertrat er den Arbeitsausschuss des Bundesrates als demokratisches Gegenüber zur Bundesleitung und war zugleich engagierter Historiker, der eine Sammlung von Köbner-Schriften herausgab.

Als Sohn von Berta Gieselbusch und Gustav Gieselbusch Enkelsohn Eduard Scheves, verheiratet mit Ilse Baresel, einer Enkeltochter Julius Köbners, so bestens mit dem Erbe der Väter vertraut und ihm geistlich verpflichtet, war er zugleich ein manchen unbequemer Verfechter des allgemeinen Priestertums, „immer von der Sorge begleitet im Baptismus könnte ein Klerikalismus um sich greifen“ (Manfred Otto). Von 1951 bis zu dessen Auflösung 1966 Mitglied, ab 1957 Vorsitzender des „Arbeitsausschusses des Bundesrates“, dessen Kontrollfunktion gegenüber der Bundesleitung nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen während und nach dem Dritten Reich er für unbedingt notwendig erachtete. Seine „erstaunliche Nähe zur jungen Generation … und ein großes Verständnis für die brennenden Fragen der Gegenwart“ (M. Otto) rühren wohl nicht zum wenigsten aus seiner anfänglichen Tätigkeit als Gymnasiallehrer und seiner Lebensarbeit als leitender Mitarbeiter der Schulbuchverlage Teubner in Leipzig und (nach 1946) Klett in Stuttgart. Hermann Gieselbusch war auch aktives Mitglied der Kirchlich-Theologischen Sozietät in Württemberg (Kurzbiographie von Günter Balders in: G.Balders [Hg.], Ein Herr, 1984, S. 347).

1917 verlobte er sich mit Ilse Baresel, der Enkelin von Julius Köbner. Als patriotischer Deutschnationaler zog er freiwillig in den 1. Weltkrieg. 1922 promovierte er in Hamburg. Nach dem Studium wurde er Gymnasiallehrer für alte Sprachen in Cuxhaven und heiratete erst 1925. „Von 1928-1939 zogen Ilse und Hermann Gieselbusch nach Leipzig, weil er in dem damals bedeutenden Schulbuch-Verlag Teubner eine Anstellung fand“ (Erhard Rockel, 2006). 1939 ging er „wieder als Freiwilliger in den Zweiten Weltkrieg; diesmal als Reserve-Offiziers-Anwärter. Er konnte nicht Offizier werden, weil er ´jüdisch vergiftet` war“ (E. Rockel, 2006). Seit 1946 lebte er mit seiner Frau Ilse in Stuttgart, wo er als leitender Redakteur des Klett-Verlags arbeitete und 1965 in den Ruhestand trat. Als Mitglied der Stuttgarter Gemeinde beteiligte sich der „bibelkundige Mann (er las das Neue Testament griechisch)“ (E. Rockel, 2006) am Verkündigungsdienst. Der Altphilologe und Laienprediger war progressiv der Jugend und Studenten zugewandt. Für das baptistische Werk betonte er den Nonkonformismus und gab eine Sammlung von Köbner-Schriften heraus (1927) mit einem instruktiven teilweise kritischen Überblick zur baptistischen Geschichte. Auch verfasste er einen wertvollen Hintergrundbericht zum Leben seines Vaters, dem Reformer und Direktor des Hamburger Seminars Gustav Gieselbusch. Er stiftete 1952 zusammen mit dem Hamburger Seminar den „Gustav-Gieselbusch-Gedächtnispreis“ (vgl. Krajewski, Felix Mantz, 10). Auf dem Stuttgarter Waldfriedhof wurde er beigesetzt, wo auch seine Frau Ilse 15 Jahre später ihre letzte Ruhe fand. (RF)

Selbständige Veröffentlichungen:

Die literarische Form der griechischen Entrückungsgeschichten, Hamburg 1923 (Hamburg Phil. Universitäts-Dissertation 1922, 144 S.).

Um die Gemeinde. Ausgewählte Schriften von Julius Köbner, Auswahl und Einleitungen von Hermann Gieselbusch, Berlin 1927, 213 S. (darin: Julius Köbner und der deutsche Baptismus, S. IX-XXXII, Anmerkungen S. 205-207). Vgl. dazu Rezension von Ernest A. Payne in: Baptist Quarterly, Vol. 4, 1929, Issue 8, pp. 380-382: https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/0005576X.1929.11750174?journalCode=ybaq20

Berta Gieselbusch, geb. 3.3.1875, gest. 31.8.1956 (Broschüre).

Verschiedene Art. in Hilfsbote, Wahrheitszeuge, Semesterzeitschrift und „Die Gemeinde“:

Urtext, in: Wahrheitszeuge 1921, H. 46, S. 358.

Betrachtungen zur Lage, in: Wahrheitszeuge 1921, H. 49, S. 380f; H. 50, S. 388f.

Die Revolutionierung der Kirchen (Rezension des Buches von v. Gerdtell), in: Wahrheitszeuge 1922, H. 27, S. 205-207; H. 28, S. 213f; H. 29, S. 220-222.

Köbners Schrift „Worin besteht die Heiligung des Christen?“ in ihrer Bedeutung für die Gemeinde, in: Hilfsbote 1927, H. 9, S. 156-158; 1928, H. 1, S. 17-19.

Vom Werk unserer Geschwister in Dänemark, in: Die Gemeinde 18/1949, S. 278ff.

Modernes Täufertum (Radioansprache Stuttgart), in: Die Gemeinde 19/1949, S. 292-294.

Vernünftiger Gottesdienst, in: Die Gemeinde 2/1964.

Sinn und Tätigkeit des Arbeitsausschusses, in: Die Gemeinde 38/1965, S. 12f.

Über heiße Eisen und Tabus - in unseren Kreisen, in: Semesterzeitschrift 11, Kassel 1965/66, S. 4-6.

Das Ideal und das Leben. Überlegungen zum Verhältnis von Prediger und Gemeinde, in: Semesterzeitschrift 15, Kassel 1967/68, S. 2-4.

Gemeindeverfassung als Öffentlichkeitsaufgabe, in: Semesterzeitschrift 18, 1969, S. 21f.

Zum 95. Geburtstag von Schwester Ruth Baresel-Köbner, in: die Gemeinde 15/1971, S. 15f.

Gustav Gieselbusch 1872-1922, in: Die Gemeinde 23/1972, S. 6-8.

Goldene Hochzeit in Stuttgart (Gieselbusch, Dr. Hermann und Ilse), in: Die Gemeinde 43/1975, S. 14; Beerdigungsansprache von Erhard Rockel vom 2.10.1979 (Privatarchiv Rockel); Nachruf von Manfred Otto in Die Gemeinde 47/1979, S. 13; Festschrift. 150 Jahre Oncken-Gemeinde 1834-1984, zusammengestellt von H. Becker u.a., Hamburg 1984, S. 42; G. Balders (Hg), Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe. 150 Jahre Baptistengemeinden in Deutschland 1834-1984. Festschrift, Wuppertal/Kassel 1984, S. 142.315.347 (Werke und Lit.); Diabo&Lüllau, „Hoffentlich enttäuscht uns Hitler nicht“. Briefe, Bilder, Berichte einer Predigerfamilie 1925-1960, hg. v. Uwe A. Gieske, Berlin 1999, S. 9.305; R. Assmann, Der BEFG in der DDR. Ein Leitfaden zu Strukturen - Quellen - Forschung (Baptismus-Studien 6), Kassel 2004, S. 59; Erhard Rockel, Julius Köbners Enkelin, in: E. Geldbach u.a. (Hg), Religionsfreiheit. Festschrift zum 200.Geburtstag von Julius Köbner, Berlin 2006, S. 43-46; ders., Mensch, Oncken!, in: D. Lütz (Hg), „Die Bibel hat die Schuld daran…“. 175 Jahre Baptismus auf dem europäischen Kontinent. Festschrift zum 175. Jubiläum der Oncken-Gemeinde in Hamburg 2009, Hamburg 2009, S. 156f.159; G. Balders, Zu den Taufartikeln in den früheren Glaubensbekenntnissen der deutschen Baptisten, in: Uwe Swarat (Hg), Wer glaubt und getauft wird …, 2010, S. 183 A. 29; Martina Dürkop, Das Archiv für Religionswissenschaft in den Jahren 1919-1939 (Religionswissenschaft Bd. 20), LIT Verlag Berlin/Münster 2013, S. 139.225ff.231ff.499 (505 S.); Manfred Stedtler, Baptisten in der Weimarer Republik. Ihre Gedanken zu Politik und Gesellschaft, Bonn 2015, 2. Druck 2016, S. 22f.25.75; W. Weist/R. Assmann, Dass das Wort des Herrn laufe und gepriesen werde. Die Schrifttumsarbeit im Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in der DDR (Baptismus-Dokumentation 7), Elstal/Norderstedt 2017, S. 211.

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